Fallbeispiel 3: Ungenügende Schweißung – Schweißnahtmängel im Metallbau

Ungenügende Schweißung – Mängel, Ursachen und Bewertung nach DIN EN 1090

Auftrag und Ausgangssituation

Im Rahmen eines Privatgutachtens wurde ich beauftragt, die Qualität mehrerer Schweißverbindungen an einem Stahlbalkon zu begutachten. Der Bauherr hatte Risse und Verformungen an den Knotenpunkten des Geländers bemerkt. Das Bauwerk war erst zwei Jahre alt, und es lagen keine Prüfprotokolle des Metallbauunternehmens vor.

Festgestelltes Schadensbild

  • sichtbare Risse an Kehlnahtverbindungen im Geländerbereich
  • ungleichmäßige Nahtdicken und Porenbildung
  • unzureichende Durchschweißung an tragenden Verbindungen
  • Spritzer und Anlauffarben durch fehlende Nachbehandlung
  • unvollständige Nahtausbildung an Eckstößen

Einige Verbindungen zeigten bereits Abplatzungen im Beschichtungsbereich und Anzeichen von Korrosion.

Dieses Fallbeispiel zeigt typische Schäden an Schweißnähten, die durch fehlerhafte Ausführung oder fehelende Qualitätssicherung entstehen.

Ursachenanalyse

Nach Sichtprüfung und Dokumentation der Schweißnähte nach DIN EN ISO 5817 („Bewertungsgruppen für Unregelmäßigkeiten in Schmelzschweißverbindungen“) ließen sich mehrere Ausführungsfehler nachweisen:

  1. Mangelhafte Vorbereitung der Schweißkanten – keine Reinigung von Zunder und Fett, unzureichender Fugenspalt.
  2. Falsche Schweißparameter – zu niedriger Strom, geringe Energieeinbringung → fehlende Verschmelzung.
  3. Unqualifiziertes Schweißpersonal – keine nachgewiesene Schweißerprüfung nach DIN EN ISO 9606-1.
  4. Fehlende Werkstattzulassung nach DIN EN 1090-2 – Ausführung ohne Überwachung durch eine Schweißaufsichtsperson (IWE/IWT/IWS).

Normative Bewertung

Laut DIN EN 1090-2, Kapitel 7.6 – Schweißarbeiten, dürfen tragende Bauteile nur durch qualifiziertes Personal unter Anwendung geprüfter Verfahren gefertigt werden.
Die Bewertung erfolgte nach Bewertungsgruppe B (DIN EN ISO 5817) für tragende Konstruktionen.

Die Mehrzahl der Nahtfehler überschritt die zulässigen Grenzwerte für Poren, Einbrandkerben und Nahtunregelmäßigkeiten.

Zusätzlich fehlte eine Schweißverfahrensprüfung (WPQR) nach DIN EN ISO 15614-1. Damit ist die gesamte Ausführung nicht regelkonform.

Folgen des Mangels

  • Reduzierte Tragfähigkeit der Verbindungen
  • Gefahr von Rissbildung und Bruch bei Dauerlast
  • Korrosionsbeginn durch offene Nahtstellen
  • Verletzungsgefahr bei Geländern und Treppen
  • keine CE-Konformität nach DIN EN 1090

Das Gutachten kam zum Ergebnis, dass die Schweißverbindungen den sicherheitsrelevanten Anforderungen nicht entsprachen und eine Sanierung erforderlich war.

Empfohlene Maßnahmen

  1. Kompletter Rückbau der mangelhaften Schweißverbindungen.
  2. Neuausführung nach DIN EN 1090-2, unter Überwachung durch eine zertifizierte Schweißaufsichtsperson (IWE/IWT).
  3. Schweißverfahrensprüfung (WPQR) vor Produktionsbeginn.
  4. Zerstörungsfreie Prüfung (Nahtprüfungen nach DIN EN ISO 17638 / Ultraschallprüfung nach 17640).
  5. Oberflächenbehandlung nach dem Schweißen – Beizen, Schleifen und Beschichtung nach ISO 12944.
  6. Dokumentation im Qualitätssicherungsplan (QSP) und Abnahmeprotokoll.

Zusammenfassung

Ungenügende Schweißnähte gehören zu den häufigsten Mängeln im Metallbau. Fehlerhafte Nahtausbildung, ungenügende Durchschweißung und fehlende Qualifikation führen zu strukturellen Risiken und haften nicht den Normanforderungen nach DIN EN 1090, ISO 5817 und ISO 9606.

Eine fachgerechte Schweißausführung unter Aufsicht eines Schweißfachingenieurs ist zwingend erforderlich, um Sicherheits- und Haftungsrisiken zu vermeiden.

Hinweis des Sachverständigen

Als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger und Schweißfachingenieur (IWE) erstelle ich Gutachten über Schweißverbindungen und deren Bewertung nach DIN- und EN-Normen. Meine Analysen erfolgen unabhängig und gerichtsfest.

Weiterführende Informationen

Themenübersicht der Fallbeispiele:

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