Fallbeispiel 8: Poren und Bindefehler an Aluminiumbauteilen – Schweißfehler erkennen und bewerten

Auftrag und Ausgangssituation

Ich wurde beauftragt, die Schweißverbindungen einer Aluminium-Glaskonstruktion zu überprüfen, nachdem im Rahmen einer Sichtkontrolle unregelmäßige Nahtoberflächen und Verfärbungen aufgefallen waren.
Die betroffenen Bauteile waren Teil einer großflächigen Vordachkonstruktion mit tragender Funktion.
Da die Schweißnähte nicht dokumentiert oder geprüft worden waren, sollte die Schweißqualität nachträglich begutachtet und bewertet werden.

Festgestelltes Schadensbild

  • Porenbildung (Gasporen) entlang der Schweißraupe
  • Bindefehler zwischen Grund- und Schweißmaterial
  • Einschlüsse (Oxid- und Schlackeeinschlüsse)
  • matte, unregelmäßige Oberflächenstruktur
  • Haarrisse an den Nahtenden

Prüfverfahren und Methodik

Zur weiterführenden Analyse wurde eine Farbeindringprüfung (PT2) nach DIN EN ISO 3452-1 durchgeführt.
Da Aluminium eine dichte Oxidschicht bildet, wurde die Oberfläche zuvor mechanisch gereinigt und entfettet (nach ISO 3452-2).

Prüfabfolge:

  1. Reinigung der Oberfläche
  2. Auftrag des Eindringmittels (rot, nicht fluoreszierend)
  3. Einwirkzeit 15 Minuten
  4. Entfernung des Überschusses mit Reiniger
  5. Auftrag des Entwicklers
  6. Sichtprüfung unter Weißlicht

Die Prüfung bestätigte Porencluster und Bindefehler, insbesondere im Bereich der Kehlnähte.
Zur Ergänzung wurde eine Makroätzung nach DIN EN ISO 17639 an einem Probestück durchgeführt, um die Porenstruktur metallographisch zu bewerten.

Ursachenanalyse

  1. Unzureichende Vorreinigung → Oxidschichtreste verhinderten Bindung.
  2. Fehlerhafte Gasabdeckung → unzureichender Argonschutz führte zu Porenbildung.
  3. Zu hohe Schweißgeschwindigkeit → Lunker und unvollständige Durchschweißung.
  4. Fehlende Wärmenachbehandlung → Spannungsrisse nach Abkühlung.
  5. Kein WPQR (Verfahrensprüfung) nach DIN EN ISO 15614-2 für Aluminiumlegierungen.

Normative Bewertung

Gemäß DIN EN ISO 10042 („Bewertung von Unregelmäßigkeiten beim Schmelzschweißen von Aluminium“) sind Poren, Bindefehler und Einschlüsse in sicherheitsrelevanten Bauteilen nicht zulässig.

Bewertungsgruppe B fordert:

Keine durchgehenden Porenreihen oder Bindefehler, die die Bauteilfestigkeit beeinträchtigen.

Zusätzlich gilt die DIN EN 1090-3 für Aluminiumtragwerke.
Die geprüften Nähte entsprachen weder dieser Norm noch den Anforderungen an die Ausführungsqualität (Execution Class EXC2).

Folgen des Mangels

  • Reduzierte Tragfähigkeit und Lebensdauer der Bauteile
  • Rissgefahr durch lokale Spannungsspitzen
  • Verlust der CE-Konformität nach DIN EN 1090
  • Korrosionsgefahr an Poren und Rissansätzen
  • Haftungsrisiko für Hersteller und Monteur

Bei einer späteren Belastung (z. B. Schnee- oder Windlast) können Poren und Bindefehler zu Risswachstum und zum Versagen der Konstruktion führen.

Empfohlene Maßnahmen

  1. Nacharbeitung der Schweißnähte mit Entfernen der fehlerhaften Bereiche.
  2. Neuaufschweißung unter Schutzgas (Argon 4.6) mit dokumentierter Verfahrensprüfung (WPQR).
  3. Erneute zerstörungsfreie Prüfung (VT/PT) und ggf. Röntgenprüfung (RT) an kritischen Stellen.
  4. Kontrolle der Schutzgasversorgung und Vorwärmung des Werkstücks auf 100–150 °C.
  5. Qualifikation des Schweißers nach DIN EN ISO 9606-2.
  6. Dokumentation der Prüfung und Freigabe im Abnahmeprotokoll.

Zusammenfassung

Poren und Bindefehler zählen zu den häufigsten Schweißfehlern bei Aluminium.
Sie entstehen meist durch ungenügende Oberflächenvorbereitung oder fehlerhafte Schutzgasführung.
Eine Kombination aus VT2- und PT2-Prüfung ermöglicht die sichere Erkennung dieser Fehler und stellt die Qualitätssicherung nach DIN EN 1090-3, ISO 10042 und ISO 3452-1 sicher.

Weiterführende Informationen

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