Fallbeispiel 6: Mindestabstände der Handläufe – Anforderungen nach Arbeitsstättenrichtlinie (ASR A1.8)

Mindestabstände der Handläufe – Sicherheitsmängel an Treppenanlagen nach ASR A1.8 und DIN 18040

Auftrag und Ausgangssituation

Bei der Begehung eines neu errichteten Verwaltungsgebäudes wurde ich beauftragt, die Ausführung der Treppen- und Geländeranlagen im Hinblick auf die Einhaltung der sicherheitsrelevanten Vorschriften zu überprüfen.
Bereits bei der ersten Begehung fiel auf, dass mehrere Handläufe zu eng nebeneinander angeordnet waren.
Mitarbeiter berichteten über Einschränkungen beim Begehen der Treppen, insbesondere beim Transport von Unterlagen oder Gegenständen.

Dieses Fallbeispiel behandelt die häufigen Abweichungen bei Handlaufhöhen und Mindestabständen nach ASR A1.8 und deren sicherheitsrelevante Folgen

Festgestelltes Schadensbild

  • Unterschreitung der vorgeschriebenen Mindestabstände zwischen zwei parallelen Handläufen
  • zu geringe Wandabstände (< 50 mm)
  • fehlende Griffhöhe-Konstanz im Verlauf der Treppenläufe
  • Handlaufenden ohne sichere Rückführung → erhöhte Verletzungsgefahr
  • optisch ungleichmäßige Montagehöhe

Diese Mängel führten zu einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit und zur Nichteinhaltung der Arbeitsstättenanforderungen.

Ursachenanalyse

Die Analyse ergab mehrere Planungs- und Ausführungsfehler:

  1. Nichtbeachtung der Arbeitsstättenregel ASR A1.8 „Verkehrswege“
    – Mindestabstand zwischen zwei Handläufen wurde nicht eingehalten.
  2. Fehlende Abstimmung zwischen Planer und Metallbauer
    – keine verbindliche Maßfestlegung in den Ausführungsplänen.
  3. Fehlerhafte Montage
    – ungleichmäßige Befestigungshöhen und Abweichungen von der Sollhöhe.
  4. Mangelhafte Endkontrolle
    – keine Abnahmeprüfung der Handlaufabstände und Griffhöhen durchgeführt.

Normative Bewertung

Die maßgeblichen Vorschriften sind:

  • Arbeitsstättenregel ASR A1.8 – Verkehrswege

„Handläufe müssen mindestens 50 mm Abstand zur Wand haben. Der lichte Abstand zwischen zwei Handläufen darf 100 mm nicht unterschreiten.“

  • DIN 18040 – Barrierefreies Bauen

„Handläufe sind in durchgehender Höhe von 850–900 mm anzubringen und müssen griffsicher ausgeführt sein.“

  • DIN 18065 – Gebäudetreppen
    – ergänzt Anforderungen an Befestigung, Kontinuität und Griffsicherheit.

Die gemessenen Abstände betrugen teilweise nur 30–35 mm zur Wand.
Damit lagen sie deutlich unter den Mindestanforderungen der ASR A1.8 und DIN 18040.

Folgen des Mangels

  • eingeschränkte Benutzbarkeit der Treppenanlagen
  • erhöhtes Verletzungsrisiko durch Quetschgefahr und Abrutschen
  • nicht barrierefreie Nutzung für Personen mit Mobilitätseinschränkungen
  • mögliche Verstöße gegen die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
  • Haftungsrisiko für Betreiber und Bauunternehmer bei Unfällen

Empfohlene Maßnahmen

  1. Demontage und Neujustierung der Handläufe auf die Sollabstände gemäß ASR A1.8.
  2. Einheitliche Griffhöhe 850–900 mm (bei öffentlichen Gebäuden bevorzugt 900 mm).
  3. Prüfung der Wandhalterungen auf ausreichende Tragfähigkeit und Befestigungsabstände.
  4. Sichere Rückführung der Handlaufenden (mind. 30 mm Wandabstand, ohne scharfe Kanten).
  5. Abnahmeprüfung und Dokumentation durch den Sachverständigen nach Abschluss der Arbeiten.

Zusammenfassung

Das Nichteinhalten der Mindestabstände von Handläufen stellt einen Verstoß gegen geltende Sicherheits- und Arbeitsstättenanforderungen dar.
Solche Mängel beeinträchtigen die Verkehrssicherheit und können zu rechtlichen Konsequenzen führen.
Eine fachgerechte Planung und Ausführung nach ASR A1.8, DIN 18040 und DIN 18065 ist erforderlich, um Sicherheit und Barrierefreiheit zu gewährleisten.

Hinweis des Sachverständigen

Als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Metallbauerhandwerk prüfe ich Treppen- und Geländerkonstruktionen im Hinblick auf Sicherheit, Normenkonformität und Barrierefreiheit.
Meine Gutachten dienen Bauherren, Betreibern und Gerichten als nachvollziehbare Entscheidungsgrundlage.

Weiterführende Informationen

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