Fallbeispiel 9: Zinkrisse nach Feuerverzinkung – Ursachen, Analyse und Bewertung

Auftrag und Ausgangssituation

Ein Industriebetrieb meldete nach der Feuerverzinkung mehrerer Stahlrahmen feine, netzartige Risse im Zinküberzug.
Die Bauteile waren tragende Stützen eines Carportsystems, gefertigt aus Baustahl S235 JR und feuerverzinkt gemäß DIN EN ISO 1461.
Ich wurde mit der Untersuchung der Schadensursache und der Bewertung der Zinkrisse beauftragt.

Festgestelltes Schadensbild

  • feine, netzartige Risse und Aufplatzungen der Zinkschicht im Bereich von Kanten und Schweißnähten
  • Unterwanderungskorrosion an offenen Rissflanken
  • verfärbte, spröde Oberfläche, typisches Hinweisbild auf thermische Spannungsrisse
  • Risse verlaufen parallel zu den Wärmeeinflusszonen

Die Risse traten unmittelbar nach der Verzinkung auf und wurden bei der Endkontrolle visuell erkannt (VT).

Prüfverfahren und Methodik

Die Rissanalyse erfolgte mit Sichtprüfung (VT2) nach DIN EN ISO 17637 und ergänzend mittels Farbeindringprüfung (PT2) nach DIN EN ISO 3452-1.
Die PT-Prüfung bestätigte eine Vielzahl linearer Anzeigen im Bereich der Kehlnähte und Kantenübergänge.

Zur weiteren Abklärung wurde ein metallographischer Querschliff angefertigt (nach DIN EN ISO 1463).
Unter dem Mikroskop zeigte sich eine intermetallische Schichtbildung aus Eisen-Zink-Phasen (δ-, ζ-Phase) mit Sprödbruchstrukturen – typisch für Zinkrissbildung.

Ursachenanalyse

Die Rissbildung entstand durch das Zusammenwirken mehrerer Faktoren:

  1. Hohe Silizium- und Phosphorgehalte im Stahl (> 0,03 %) führten zum sog. Sandelin-Effekt → übermäßige Reaktion zwischen Eisen und Zink.
  2. Hohe Badtemperatur (> 460 °C) und zu lange Verweilzeit im Zinkbad → starke intermetallische Schichten, spröde Struktur.
  3. Spannungen aus dem Schweißprozess → Rissinitiierung beim Abkühlen.
  4. Ungeeignete Kantenform → lokale Spannungskonzentrationen.
  5. Fehlende Nachbehandlung (keine Spannungsarmglühung, keine Passivierung).

Normative Bewertung

Die Anforderungen an Feuerverzinkungen sind in DIN EN ISO 1461 sowie DIN EN ISO 14713-1 geregelt.

„Die Zinküberzüge müssen festhaftend, rissfrei und ohne Abplatzungen sein.“

Nach diesen Regelwerken gelten Risse im Überzug als nicht zulässig, da sie die Schutzwirkung beeinträchtigen.

Die Rissursache wurde nach DIN EN ISO 14713-2 (Korrosionsschutz durch Verzinken – Werkstoffauswahl) der Kategorie „stoffbedingte Rissbildung infolge zu hoher Reaktivität des Stahls“ zugeordnet.

Folgen des Mangels

  • Verlust der Korrosionsschutzwirkung durch offene Risse
  • Unterwanderungskorrosion an Rissflanken → Rostaustritt
  • Verringerte Haftfestigkeit des Überzugs
  • Optische Mängel und Wertminderung
  • bei tragenden Teilen: Reduzierte Dauerfestigkeit durch thermisch-mechanische Spannungen

Empfohlene Maßnahmen

  1. Austausch stark gerissener Bauteile oder Abschleifen / Neuverzinken der betroffenen Bereiche.
  2. Überprüfung des Stahlanalysezertifikats auf Si- und P-Gehalt (< 0,03 % empfohlen).
  3. Anpassung der Verzinkungsparameter (Badtemperatur ≤ 450 °C, optimierte Verweilzeit).
  4. Konstruktive Spannungsreduzierung (größere Radien, gleichmäßige Materialdicke).
  5. Nachbehandlung durch Passivierung oder Duplexsystem (Zink + Beschichtung).
  6. Endprüfung mittels VT2/PT2 und ggf. Schichtdickenmessung nach DIN EN ISO 1463.

Zusammenfassung

Zinkrisse entstehen durch thermisch-metallurgische Spannungen beim Feuerverzinken reaktiver Stähle.
Sie gelten nach DIN-Norm als wesentlicher Mangel, da sie den Korrosionsschutz erheblich beeinträchtigen.
Nur eine abgestimmte Kombination aus Werkstoffauswahl, Verzinkungsparametern und Qualitätskontrolle (VT2/PT2) gewährleistet eine dauerhafte Schutzschicht.

Hinweis des Sachverständigen

Als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger sowie zertifizierter VT2-/PT2-Prüfer beurteile ich Zinkrisse, Beschichtungsfehler und thermisch bedingte Spannungsrisse nach den geltenden Normen.
Meine Prüfungen erfolgen zerstörungsfrei, dokumentiert und gerichtsfest.

Weiterführende Informationen

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